Hier lest ihr den zweiten Teil meines Beitrags zum Thema Selbstbewusstsein. Teil 1 findet ihr hier. Ich möchte auch in Teil 2 noch einmal vorab sagen, dass das, was andere als selbstbewusst wahrnehmen oft nur ein sehr markanter Teil einer vielschichtigen Persönlichkeit ist. Nicht jede:r, der/die stark und selbstsicher wirkt ist es im Inneren. Genauso wenig wie passive und introvertierte Personen von Unsicherheit geplagt sein müssen. Selbstbewusstsein entsteht, wenn wir uns selbst bewusst sind, egal ob laut oder leise, mit viel Tamtam oder nur für dich.
Me-Time Queens trauen sich, auch anzuecken
Was ich jetzt sage klingt hart. Ich bin selbstbewusst, weil ich gut mit mir allein sein kann. Ich glaube, man sollte Wohlbefinden nicht nur in Gesellschaft, sondern auch nur allein mit sich selbst erleben können. Warum ich denke, dass das in Sachen Selbstbewusstsein hilft? Ganz einfach, wenn ich weiß, dass ich auch ganz allein happy sein kann, muss ich nicht befürchten, unglücklich sein zu müssen sobald ich mal Ablehnung erfahre. Ich kann also auch eher mal eine kontroverse Meinung vertreten, jemandem ein „Nein“ aussprechen oder mich extrovertiert verhalten. Wenn das nicht gut ankommt und ich am Ende alleine Zuhause sitze, weil ich zum nächsten Abendessen, der nächsten Party oder der Familienfeier nicht eingeladen werde, dann macht mir das nichts. Die Alternative allein zu sein, ist keine Schlechtere.
Ich verstehe natürlich, dass allein sein und dabei noch eine gute Zeit mit sich selbst zu verbringen nicht jedem so leicht fällt wie mir. Oft resultiert eine solche Fähigkeit daraus, dass man vielleicht Lebensphasen erlebt hat, in denen man allein klarkommen „musste“. Das ist natürlich nicht so schön und auch sicher nicht erstrebenswert. Auch wenn daraus am Ende ein gut ausgebildetes Selbstbewusstsein hervorgeht.
Selbstbewusst durch wertvolle Zeit mir dir selbst
Wenn man bisher eigentlich nie so wirklich mit sich allein war, weil man in einer tollen Beziehung, einer behüteten Familie oder einem stabilen Freundeskreis etabliert ist, könte man das allein sein aber bewusst üben. Ich rede hier übrigens immer bewusst von „allein sein“ und nicht von „einsam sein“. Niemand soll sich einsam fühlen. Es geht eher darum, eine Stunde, einen Abend, einen Tag oder eine Woche nicht als langweilig, öde oder gar vergeudet anzusehen, nur weil ihr mit niemandem zusammen seid. Vielleicht sagt ihr jetzt: “Naja, ich kann schon mal einen Tag allein sein und das macht mir nichts aus.”
Sorry Babsi, nach dem Freaky-Friday Samstags 14 Stunden schlafen, bevor du dich Sonntag mit den Girls zum Brunch triffst, macht dich noch nicht zur Me-Time Queen. Genauso wenig 6 Stunden Home-Office, der Frühjahrsputz oder eine Grippe mit Netflixmarathon.
Ich rede davon morgens aufzustehen, dich anzuziehen und alleine zum Bummel in die Stadt zufahren. Eine Fahrradtour machen. Ein Rezept raussuchen, dafür einkaufen und sich ein geiles Essen kochen. Sich allein an den See legen und ein Buch lesen. Ich bin sogar schon allein ins Kino gegangen! Das ist natürlich für Fortgeschrittene, weil man wirklich seltsam angeschaut wird. Aber es geht einfach darum am Ende eines Zeitvertreibs, den man nur mit sich selbst hatte, zu sagen: Das war schön und ich habe dafür nur mich selbst gebraucht. Es hat niemand anders gefehlt.
Umgib dich mit Menschen, die dich selbstbewusst sein lassen
Nein, das bedeutet nicht, das dir ab sofort alle deine Freunde nach dem Mund reden sollen, du alle anderen ignorierst und Konflikten per se aus dem Weg gehst. Aber natürlich sind wir alle irgendwo das Produkt unserer Umwelt. Und wenn deine Umwelt dir eben suggeriert, dass du ein ungeliebter Furz bist und deine Meinung niemanden interessiert, dann verhältst du dich vermutlich entsprechend. Ich würde dir in so einem Fall also empfehlen, dich eher nach einem Umfeld umzusehen, in dem du dich wertgeschätzt und ernst genommen fühlst. Es ist wie beim Proktologen: Man kann sich nicht alle Arschlöcher, mit denen man im Laufe eines Lebens zu tun hat selbst aussuchen. Familie, Klasse, Lehrer, Arbeitgeber, Freunde von Freunden, Vereine und so weiter wirst du eher mit mäßigem Erfolg aussortieren können.
Was du aber durchaus beeinflussen kannst sind deine direkten Freunde, deine Bekanntschaften und deine Partnerwahl. Kennst du vielleicht jemanden, der/die dir am Ende immer das Gefühl gibt schlechter zu sein als du bist? Jemanden, der immer nur von dir fordert, aber dir nie etwas zurückgibt? Die Liste an toxischen Eigenschaften, Red Flags und Anzeichen von Gaslightning ist lang und würde diesen Artikel sprengen. Quintessenz ist jedoch: Du wirst dein Selbstbewusstsein in so einem Umfeld nicht fördern können.
Deine Lebenszeit, deine Gedanken und Emotionen sind wertvoll. Teile sie mit den Menschen, die dir ein gutes Gefühl geben. Denen, die fragen anstatt zu bohren. Die zuhören statt zu urteilen. Die dich kritisieren ohne dich abzuwerten. Die dich locken statt an dir zu reißen. Die dir Ruhe gönnen. Die auf dich verzichten können und trotzdem immer da sind. Die geben ohne zu fordern. Du denkst vielleicht solche Menschen gibt es nicht? Also wenn sogar ich taktlose Nervensäge ein paar solcher Personen um mich scharen konnte, dann wird es wohl genug davon für alle geben. Reine Statistik.
Als Rampensau wird man geboren, aber selbstbewusst zu sein kann man üben
Auch wenn ich es als einen How-to-Kitteh Leitfaden verpacke, ich kann euch keine Schritt-für-Schritt Anleitung für mehr Selbstbewusstsein liefern. Denn ich befürchte, zu einem sehr großen Teil bin ich einfach schon so geboren wie ich bin. Ich war schon immer laut, habe gerne diskutiert, war immer die Erste, die ihr Referat halten wollte und habe dauernd Fotos von mir gemacht. Am liebsten in Outfits, für die der Vatikan mich verbrannt hätte. Es gab sogar Phasen in meinem Leben, da habe ich mich selbst mit meiner Art ziemlich genervt und mir immer wieder vorgenommen: Jetzt werde ich schüchtern! Kein Witz! Denn ich wollte nicht dauernd anecken, fiese Konter kassieren und Angriffsfläche bieten. Aber das ist nun mal meine Natur und irgendwann habe ich das einfach akzeptiert und das Beste daraus gemacht.
Vielleicht lest ihr aber diesen Artikel bis zu Ende, weil ihr eben nicht als sogenannte Rampensau das Licht dieser großen, lauten, einschüchternden, erschreckenden Welt erblickt habt. Im besten Fall seid ihr trotzdem glücklich und es fehlt euch auch als schüchterne, introvertierte Person an nichts. Wenn ihr aber doch immer wieder denkt: Ich wäre auch gern so selbstbewusst wie xy – Dann könnt ihr das üben.
Selbstbewusstsein fängt in euch selbst an. Durch Selbstreflexion, Talente, Unabhängigkeit und ein gesundes Umfeld könnt ihr schonmal viel (Selbst-)Sicherheit in euch ansammeln. Anfangs braucht ihr noch gar nicht den Mut aufbringen das nach außen zu tragen. Doch wenn euer innerer Cup of Confidence erstmal randvoll gefüllt ist, dann wird es euch leichter fallen auch nach außen selbstbewusst aufzutreten. Erst tröpfchenweise, dann plätschernd und vielleicht sogar, wenn der richtige Zeitpunkt da ist, in Strömen. Oder auch nicht. Oder alles dazwischen.